Tomáš Pospíšek's Notizblock

Guerilla recycling

Es passiert mir öfters, dass ich, zufällig von irgendwo herkommend ungeplant bei einem Laden vorbeikomme, und da sich die Gelegenheit grad bietet - natürlich ohne Einkaufssack - Einkaufen gehe.

Und so stapeln sich, wie wohl bei den meisten Menschen, bei mir niegelnagelneue Einkaufstaschen, die irgendwann immer noch neu im Abfall landen.

Lange hab ich mich gefragt, wie ich das Problem wohl lösen und die Taschen zurückgeben könnte. Als ich fragte, bekam ich genau die erwartete, ängstlich konform vorauseilend schweizer Standart-Antwort: "Nein, man kann die Taschen nicht zurückgeben, weil die Tasche könnte... und wir müssen unseren Kunden...".

Der Zynismus, dass einerseits das ganze Bezahltaschen System mit der "Recyling" Ideologie rechtfertigt wird, auf der anderen Seite aber die Taschen selbst nicht recylcled werden dürfen passt perfekt zur restlichen Schweizer "Recycling" Praxis:

Es scheint primär darum zu gehen ein rechtschaffenes Bild zu wahren. Dem Konsumenten wird das gute Gewissen gegeben, dass er sich richtig verhällt und dieser vergewissert sich seiner Rechtschaffenheit, indem er brav nach den Parolen handelt. Es geht nicht um Selbstkritik zwecks Auffinden und Lösen der wahren Probleme: das könnte einen vor unangenehm unerwartete Entscheidungen stellen, welche man ohne äussere Führung nur aus dem eigenen Wissen und Gewissen benatworten und verantworten müsste.

Elektronik Fachgeschäfte in der Schweiz sind per Gesetz gezwungen die von den Kunden zum Recycling zurückgebrachten Geräte durch die offizielle, vom "Schweizerischen Wirtschaftsverband der Anbieter von Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik" betriebene "non profit" Gesellschaft, VERNICHTEN zu lassen.

Ein Teil der Rohstoffe wird dabei wieder gewonnen, aber die in die Geräte gesteckte Energie und Arbeit nicht zu sprechen von den bei der Produktion eingesetzen Ressourcen, werden vernichtet.

Der Bürger kann sich gut fühlen, da er recycled und in einem der bestmöglichen Staaten mit bestmöglich progressiven Gesetzen lebt. Der Elektronikbranche gehts gut, sie verkauft neue Geräte, statt von wieder in Verkehr gesetzen "alten" konkurrenziert zu werden. Und die Volksvertreter können stolz auf Gesetze sein, die sowohl Ihren Wählern und Bürgern, als auch der Wirtschaft, als auch Ihrem von Lobbies angefüllten Portemonnaye nützen.

Aber man kann - illegal! - vor dem nächsten geplanten Ladenbesuch die neue und saubere Tasche, mitnehmen und - wenn niemand zusieht - sie wieder hinhängen.

Wie wunderschön absurd, dass man nicht freiwillig etwas nicht verbrauchtes, neues, mit dem der Verkäufer erneut, und im Gegensatz zum ersten Mal zu 100% Profit machen kann, zurückbringen darf.

Tomáš Pospíšek, 2015-03-09

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